Digitalisierung bleibt der Schwachpunkt der öffentlichen Verwaltung
Die Digitalisierung gilt als Schlüssel, um die Last der Bürokratie für die Wirtschaft zu senken. Doch nur fünf Prozent der Unternehmen können mehr als 80 Prozent ihrer bürokratischen Anforderungen digital erledigen. Lange Genehmigungsverfahren und komplexe Steuergesetze lähmen die Investitionsbereitschaft. Gerade die großen Familienunternehmen sind auf dem Sprung ins Ausland, wie unsere ifo-Umfrage zeigt.
München, den 25. Oktober 2024. Trotz aller Initiativen der Politik zur Entbürokratisierung:
Die deutschen Familienunternehmen leiden unter der wachsenden Regulierungslast. Sie kostet nicht nur Zeit, Geld und Nerven, sondern beeinflusst zunehmend die Unternehmensstrategie.
Das zeigt der neue „Jahresmonitor“ der Stiftung Familienunternehmen zur Bürokratiebelastung.
Die Hälfte der Familienunternehmen hat in den letzten zwei Jahren Investitionen aufgrund von bürokratischen Hemmnissen zurückgestellt; 40 Prozent fürchten, dies in den nächsten zwei Jahren tun zu müssen. Die Verlagerung von Unternehmensteilen oder gar des ganzen Unternehmens ins Ausland ist gerade für große Familienunternehmen teils eine reelle Option: 43 Prozent planen dies.
Je ferner von der Behörde, desto unzufriedener
Das Team um ifo-Forscher Dr. Klaus Wohlrabe fragte nicht nur nach dem Erfüllungsaufwand (er ist bei gut 90 Prozent der Befragten seit 2022 gestiegen). Ermittelt wurden die konkreten Erfahrungen mit den Behörden. Diese sind immerhin auf kommunaler Ebene durchaus positiv. 43 Prozent der Befragten sind mit der Stadt- oder Gemeindeverwaltung zufrieden – aber nur 22 Prozent mit dem Landratsamt oder der Kreisverwaltung und nur 7 Prozent mit der Landes- oder Bundesebene.
Die Unzufriedenheit liegt laut Umfrage weniger in den Personen in den Behörden begründet (mehr als zwei Drittel bewerten sie als aussagefähig, kompetent und vertrauensvoll). Die schlechten Erfahrungen beziehen sich eher auf den Verwaltungsprozess und den Grad der Digitalisierung. Diese hat nur in etwa einem Fünftel der Fälle zu einer positiven Prozesserfahrung beigetragen.
Große Familienunternehmen sind noch kritischer. Die Digitalisierung hat bei ihnen nur in 11 Prozent der Fälle einen positiven Eindruck hinterlassen. Sie sehen auch die Amtspersonen kritischer. Bei der Betrachtung einzelnen Branchen fällt auf, wie schlecht gerade die Erfahrungen der Bauindustrie mit den Behörden sind.
Die ifo-Forscher stellen fest: Der Ausbau der digitalen Verwaltung kommt in Deutschland kaum voran. Nur knapp 5 Prozent der Unternehmen können mehr als 80 Prozent ihrer externen Bürokratie online bewerkstelligen. Bei den Top 500 Familienunternehmen sind es nur 4 Prozent.
Diese Zahlen machen mich wütend. Die Familienunternehmen fordern auch in dieser Umfrage wieder Offensichtliches: einen Praxischeck für neue Regulierungen, eine Beschleunigung der Verfahren, den Ausbau der Digitalisierung und die Beschränkung auf wesentliche Angaben. Weil wir sonst unsere Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen
Für den „Jahresmonitor“ hat das ifo Institut fast 1800 Unternehmen befragt, davon rund 1400 Familienunternehmen verschiedenster Größe und Branchen. 57 Familienunternehmen in der Umfrage gehören den so genannten Top 500 an, haben also mindestens 2000 Mitarbeiter. Die 57 repräsentieren ein Umsatzvolumen von rund 92 Milliarden Euro und ein Personal von rund 400.000 Personen.
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