Bürokratiefilter für den Gesetzgeber
Unnötigen Belastungen präventiv begegnen
- Herausgeber
- Stiftung Familienunternehmen
- Veröffentlichung
- München, 2025
- Institut
- Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- Isbn
- 978-3-948850-58-6
Beim Bürokratieabbau löst seit Jahrzehnten eine Initiative die andere ab – ohne durchschlagenden Erfolg. Damit sich etwas ändert, müssten Gesetze von vorneherein ganz anders gemacht und mit der Praxis abgestimmt sein. Diese neue Studie zeigt, wie eine Gesetzgebungs-Governance aussehen könnte, die die Belastungen gleich mitdenkt.
Die zentralen Handlungsempfehlungen sind:
- In künftigen Koalitionsverträgen sollte ein Bekenntnis zu einer Gesetzgebung-Governance, die Unternehmen ermutigt und unterstützt, etwa unter den Leitgedanken „Zeit für Qualität“ und „unternehmensbezogene Ermöglichungskultur“ verankert werden, das die gründliche Anwendung eines Bürokratiefilters im Gesetzgebungsverfahren sowie die Schaffung der dafür erforderlichen Strukturen in den Ressorts einschließt.
- Die Umsetzung dieser Gesetzgebungs-Governance in allen Ressorts und Gesetzgebungs-verfahren sollte durch eine entsprechend qualifizierte Stelle des Bundeskanzleramts im Rahmen des § 40 GGO begleitet und beaufsichtigt werden.
- Als zentrales Verfahrenselement der Gesetzgebungs-Governance sollte zur gründlichen Ermittlung von zu erwartenden Bürokratie- und Erfüllungslasten der Normadressaten in § 44 GGO ein ex ante-Praxischeck als Teil der Gesetzesfolgenabschätzung vorgeschrieben werden.
- Zur Durchführung der Praxischecks und der Anwendung der weiteren Elemente des Bürokratiefilters (siehe Nr. 5) sind in den Ressorts, die regelmäßig unternehmensrelevante Gesetze erlassen, Arbeitsstrukturen mit entsprechend geschulten Mitarbeitern (siehe Nr. 8) einzurichten, die die Arbeit in den jeweiligen Fachressorts begleiten. Diese Arbeitseinheiten sollen im Gesetzgebungsverfahren auch Parlamentsausschüsse unterstützen, wenn im Rahmen von Ausschussberatungen Änderungen oder Ergänzungen an Regierungsentwürfen vorgenommen werden.
- Die Bundesregierung entwickelt einen ressortübergreifenden Leitfaden für die Prüfung und Begründung neuer Bürokratie- und Erfüllungslasten von Unternehmen im Gesetzgebungsverfahren. Der Leitfaden konkretisiert den Prozess der Alternativen- und Angemessenheitsprüfung und dient zur Strukturierung der Begründung von als angemessen erachteten Bürokratie- und Erfüllungslasten.
- Für die Ermöglichung einer externen Kontrolle ist eine Vorlage- und Begründungspflicht gegenüber dem Nationalen Normenkontrollrat im NKR-Gesetz einzuführen und mit einem Veto-Recht zu ergänzen.
- Da die Auswirkungen zusätzlicher Belastungen auf Unternehmen nur realistisch eingeschätzt werden können, wenn auch die bereits bestehenden Belastungen in die Überlegungen einbezogen werden (können), soll ein Verfahren zur regelmäßigen Ermittlung des branchenbezogenen Belastungsumfangs etabliert werden. Diese Ermittlung soll in Zusammenarbeit mit Verbänden und Unternehmen der jeweiligen Branchen durch das Statistische Bundesamt jährlich durchgeführt und veröffentlicht werden.
- Die inhaltliche und organisatorische Entwicklung eines Aus- und Weiterbildungsangebots sowie die weitere Forschung zur bürokratiearmen Gesetzgebung sollte durch ein Kompetenzzentrum Legistik erfolgen, das als Ressortforschungseinrichtung des Bundesministeriums der Justiz oder beim Bundeskanzleramt errichtet und unterhalten werden könnte. Korrespondierend sind die entsprechenden Aus- und Weiterbildungspflichten in den Ressorts so umzusetzen, dass eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern über das erforderliche Wissen verfügt.
- Die unter 1 bis 8 angeführten Handlungsempfehlungen gelten entsprechend für die Gesetzgebungsverfahren der Länder.
- Um eine zeitnahe Überprüfung bestehender Bürokratie- und Erfüllungslasten zu ermöglichen, sollte die Bundesregierung die Durchführung eines entsprechenden ex post-Praxischecks in Gestalt eines Gutachtens beauftragen. Die Gutachter sollten die bestehenden bürokratische Belastungen erzeugenden Regelungen nach den Kriterien des Leitfadens (siehe Nr. 5) beurteilen und Vorschläge zu deren Abschaffung oder Änderung formulieren.