Steuerwettbewerb schwächt sich ab, aber die Bürokratie nimmt zu
München, den 21. März 2024. Familienunternehmen sind typischerweise stark an ihrem Standort verankert. Sie können daher ihre Steuerzahlungen nicht so smart optimieren wie zum Beispiel Großkonzerne der Digitalbranche. Gleichzeitig erleiden sie aber die Nachteile durch die komplexen Vorschriften, die den Steuerwettbewerb der Staaten eindämmen sollen.
Diesen Zusammenhang hat die Stiftung Familienunternehmen zum zweiten Mal seit 2018 untersuchen lassen. Die Forscher des ZEW Mannheim rund um Professor Christoph Spengel kommen zu folgendem Ergebnis: Der Steuerwettbewerb hat sich abgeschwächt. Bestimmte Instrumente gegen die Gewinnverlagerung wirken. Das führt aber bisher nicht zu einer Angleichung der Steuersätze auf niedrigerem Niveau.
Steuerwettbewerb auch bei der Einkommensteuer
Bei der Steuerlast rangiert Deutschland laut Länderindex der Stiftung Familienunternehmen auf dem vorletzten Platz von 21 OECD-Ländern. So stellt sich für viele Familienunternehmen zunehmend die Frage, ob sie nicht vermehrt an steuerlich interessanten Standorten investieren sollten. Der Anreiz gilt auch für ihre zunehmend mobilen Arbeitnehmer, die den Weg in günstige Steuerstandorte suchen könnten, so Spengel.
Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Es zeigt sich wieder einmal: Vor allem steuerlich bleibt der Standort Deutschland teuer. Sollte sich der Steuerwettbewerb auf die Einkommensteuer der Mitarbeiter verlagern, haben wir es im Ringen um hochqualifizierte Fachkräfte künftig noch schwerer.“
Wirkt die Steuerharmonisierung?
Zum Hintergrund: Es gehört zum Wettbewerb, dass Staaten für ihren Standort mit einer geringeren Besteuerung des Unternehmensgewinns werben. Dieser Wettbewerb kann disziplinierend wirken auf die jeweilige Fiskalpolitik. Er kann aber auch in eine ruinöse Abwärtsspirale führen – und in eine Kette von Gewinnverlagerung durch die Unternehmen.
Dies wiederum erzeugt Gegenmaßnahmen der Staaten sowie umfangreiche Transparenz- und Berichtspflichten. Die internationale Gemeinschaft (EU, OECD) betreibt wegen dieser Ineffizienzen mit verschiedenen Instrumenten eine Harmonisierung der Steuersysteme. Aber sind diese zielführend?
Forscherteam sieht Instrumente kritisch
Die Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) hat das Potential, Gewinnverlagerungen einzudämmen, wird in der EU aber unterschiedlich umgesetzt. Es bestehen also Spielräume, sich weiter von teuren Standorten wie Deutschland abzugrenzen, so Spengel.
Die Transparenzpflichten aus dem Country-by-country-reporting (CbCR) haben zwar die Gewinnverlagerungen etwas reduziert. Aber die Kosten-Nutzen-Relation erscheint unverhältnismäßig. Die Finanzbehörden sehen sich von der Datenflut überfordert. Die breite Öffentlichkeit zeigt kein Interesse. Demnach sei eine vertrauliche Übermittlung der Daten an die Behörden ausreichend, so die Forscher.
Auch das so genannte Zwei-Säulen-Modell der OECD ist kritisch zu sehen. Die Säule 1 (Anpassung der Steuersysteme an digitale Geschäftsmodelle) spielt wegen hoher Umsatzgrenzen für die meisten Familienunternehmen keine Rolle. Säule 2 (Einführung einer globalen Mindeststeuer) dagegen teilweise schon. Zwar könnte sie Gewinnverlagerungen reduzieren. Doch der Preis ist eine enorme Komplexität der Regelungen – und damit hoher Befolgungsaufwand auf Seiten der Unternehmen.