Deutschland auf dem langen Weg zu smarter Regulierung

Wunsch nach mehr Marktwirtschaft gerade in der Klimapolitik

Beim Standortfaktor Regulierung schneidet Deutschland schlecht ab; das hat der Länderindex Familienunternehmen 2023 gezeigt. Doch wie und wo genau ist man ineffizient? Unsere neue Studie zeigt, das Land ist teils schon auf dem richtigen Weg zu evidenzbasierter Wirtschaftspolitik. Aber mehr Anreize über Marktmechanismen würden die Akzeptanz staatlicher Eingriffe erhöhen – und die Kosten senken.

Das Punktdiagramm zeigt das Verhältnis zwischen Bürokratieaufwand (x-Achse) und Standortattraktivität (y-Achse) in 21 Ländern, gemessen in Punkten von 0 bis 100. Länder wie die Schweiz, die USA und Irland zeichnen sich durch einen niedrigen Bürokratieaufwand und eine hohe Standortattraktivität aus und befinden sich oben links im Diagramm. Deutschland, Ungarn und die Slowakei liegen im Mittelfeld beider Achsen. Spanien und Italien weisen die geringste Standortattraktivität auf. Die skandinavischen Länder Dänemark, Schweden und Finnland erreichen trotz höherem bürokratischem Aufwand einen vergleichsweise hohen Attraktivitätswert und befinden sich oben rechts im Diagramm.
Die Abbildung zeigt auf, mit welchem Mitteleinsatz die jeweiligen Länder eine bestimmte Attraktivität ihres Standorts absichern. Die vertikale Achse beziffert die Attraktivität des Standorts. Auf der horizontalen Achse ist der Bürokratieaufwand dargestellt. Die durchgezogene Linie hingegen beschreibt die erkennbaren „Produktionsmöglichkeiten“.

München, den 3. Mai 2024. Ein Hochkostenstandort kann durchaus attraktiv bleiben, wenn die Gegenleistung stimmt, die der Staat den Unternehmen bietet. Doch der deutsche Standort kann diese Gegenleistung immer weniger erbringen. So schreiben die Autoren des Länderindex Familienunternehmen vom ZEW Mannheim in einer neuen vertieften Sonderstudie zum Thema Regulierung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen.

Hoher finanzieller Ressourceneinsatz verbunden mit einer geringen Effizienz öffentlicher Ausgaben – diese Diagnose machen die Forscher an einer breiten Palette von OECD-Zahlen fest. Bürokratieaufwand und Governance stehen verglichen mit den 21 Staaten in einem schlechten Verhältnis zur Standortqualität.

Das Balkendiagramm stellt den zeitlichen Aufwand für die Abwicklung eines standardisierten Exportgeschäfts in Stunden von 21 Ländern dar. Die ersten zwölf Länder benötigen leidglich eine Stunde für die Abwicklung. Die Schweiz, Kanada und Schweden brauchen jeweils drei Stunden und die USA vier. Deutschland liegt mit 37 Stunden auf dem vorletzten Platz, knapp vor Finnland, das 38 Stunden für den Vollzug eines Exportgeschäfts benötigt.
Deutschland hat nach Finnland den größten Aufwand für die Abwicklung eines Standard-Exportgeschäfts © Stiftung Familienunternehmen, 2024

Weitere Feststellungen: Die Regulierungsintensität ist hoch und konterkariert gerade beim Thema Handel das Geschäftsmodell der außenhandelsorientierten deutschen Volkswirtschaft. 37 Stunden erfordert die Abwicklung eines Standard-Exportgeschäfts in Deutschland; damit liegt der Standort auf dem vorletzten Platz. Auch beim Versuch, öffentliche Leistungen vermehrt auf digitalem Wege zu erstellen, ist Deutschland weit abgeschlagen. Dabei schafft es etwa Österreich durch digitale Plattformen sehr gut, Regulierungslasten für Unternehmen zu senken.

Doch das Forscherteam unter Leitung von Professor Friedrich Heinemann findet auch anerkennende Worte. Die Abschätzung von Gesetzesfolgen und die Evaluation von erfolgten Regulierungsmaßnahmen in Deutschland läuft im OECD-Vergleich eher gut.

Selbst bei der Dauer von Baugenehmigungen liegt Deutschland im oberen Mittelfeld. Einen guten Platz im Ranking gibt es zudem für die öffentliche Auftragsvergabe.

Das Balkendiagramm zeigt den Anteil der Emissionen, die in 21 Ländern durch einen CO₂-Preis abgedeckt sind. Die Schweiz führt mit 84 %, gefolgt von Dänemark (61 %) und Finnland (49 %). Deutschland liegt mit 40 % im unteren Mittelfeld gleich auf mit Kanada und Belgien, während die USA mit nur 4 % den letzten Platz einnehmen. Die Daten verdeutlichen erhebliche Unterschiede in der CO₂-Bepreisung zwischen den Ländern.
Deutschland liegt im internationalen Vergleich bei der CO₂-Bepreisung im unteren Mittelfeld © Stiftung Familienunternehmen, 2024

Optimismus und Akzeptanz bei Steuerung über Preise

Besonderes Augenmerk lenkt die Studie „Effizienz und Regulierung: Bürokratielasten im internationalen Vergleich“ auf die Klimapolitik. Deutschland hat hier einen stark regulativen Ansatz gewählt, der die Freiheit der Unternehmen gravierend einengt. Gemessen wird das mit dem Environmental Policy Stringency Index der OECD.

Das kann der Grund für den Pessimismus sein, mit dem die Wirtschaftsakteure der Klimapolitik entgegentreten. Die vollständige Dekarbonisierung sehen sie als Risiko, sind damit allerdings im globalen Vergleich nicht allein. Anders in skandinavischen Ländern, die einen marktbasierten Ansatz verfolgten und den CO2-Preismechanismus nutzen: Hier zeigen die Unternehmen mehr Optimismus und Akzeptanz.

Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen:
„Familienunternehmen in Deutschland bewegen sich in einem immer dichter werdenden Netz von Regeln zur Verhaltenssteuerung. Das hemmt Wachstum und Investitionen und erzeugt Zorn. Der gesellschaftliche Konsens, den wir eigentlich brauchen, um die Zukunftsaufgaben zu bewältigen, geht so verloren. Die Politik sollte die Unternehmen mit klaren Marktsignalen ermutigen und nicht mit Bürokratie frustrieren.“

Zu sehen ist der Familienunternehmer Dr. Nikolas Stihl, Vorsitzender des Beirats der STIHL Holding AG & Co. KG und Aufsichtsratsvorsitzender der STIHL AG.
Familienunternehmer Dr. Nikolas Stihl, Vorsitzender des Beirats der STIHL Holding AG & Co. KG und Aufsichtsratsvorsitzender der STIHL AG © STIHL, 2024

Familienunternehmer Dr. Nikolas Stihl, Vorsitzender des Beirats der STIHL Holding AG & Co. KG und Aufsichtsratsvorsitzender der STIHL AG:
„Als weltweit aktives Familienunternehmen können wir den Bürokratieaufwand weltweit vergleichen. Deutschland schneidet hier sehr schlecht ab. Gerade beim Klimaschutz brauchen wir eine marktbasierte Klimapolitik statt kleinteiliger Vorschriften und Verbote. Also ordnungspolitische Rahmenbedingungen, um den Wettbewerb der Ideen zu fördern. Dabei muss Technologieoffenheit gewährleistet sein, um beispielsweise die Wahl zwischen Akkutechnik und E-Fuels-Technologie zu ermöglichen. Unternehmer und Konsumenten wollen verantwortlich und frei entscheiden und nicht bevormundet werden.“

Teaserbild © iStock / Smederevac, 2024

Cor­ne­lia Knust​

Leiterin Kommunikation​
Cornelia Knust

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